Do. 14.12.23 | 19:00: Zwischen Schießstand, Bundeswehr und rechten Netzwerken: Franco A. in Bayern

Vortrag von Robert Andreasch (a.i.d.a. e.V.)

Sie ist fast schon wieder vergessen: die Geschichte des extrem rechten Bundeswehrsoldaten Franco Albrecht, der sich im Jahr 2015 als vermeintlicher Geflüchteter aus Syrien hatte registrieren lassen und in Erding untergebracht wurde, der bei der Bundeswehr Munition stahl, illegale Waffen beschaffte und Attentatsziele akribisch ausrecherchierte. Und der im Juli 2022 vom Oberlandesgericht Frankfurt/Main – mittlerweile rechtskräftig – wegen Anschlagsvorbereitungen und Waffendelikten zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt wurde.
Im Vortrag soll es neben der extrem rechten Ideologie Albrechts um seine Geschichte in Bayern gehen sowie um die neonazistischen Netzwerke, mit denen er in Verbindung stand: vom Münchner „Preußenabend“ und dem geheimdienstnahen „Jagsthausener Kreis“, über „Uniter“ und „Nordkreuz“ bis zum (öffentlich bisher kaum thematisierten) „Chat Süd“.

Der Vortrag im Z linken Zentrum (Innstr 45a, Rosenheim) beginnt um 19:00 Uhr der Eintritt ist frei. Organisiert wird die Veranstaltung von der Bibliothek_A in Kooperation mit dem Kurt-Eisner-Verein / Rosa Luxemburg Stiftung Bayern.

MdM: Die Reise ins Reich. Unter Rechtsextremisten, Reichsbürgern und anderen Verschwörungstheoretikern

  • Medium des Monats Oktober: „Die Reise ins Reich. Unter Rechtsextremisten, Reichsbürgern und anderen Verschwörungstheoretikern“ von Tobias Ginsburg
  • Lesung in Bad Aibling am 13.10.2023

Unser Medium des Monats Oktober ist das Buch „Die Reise ins Reich. Unter Rechtsextremisten, Reichsbürgern und anderen Verschwörungstheoretikern“ von Tobias Ginsburg. Acht Monate lang schleuste sich Ginsburg undercover in die Szene der Reichsbürger:innen und rechtsesoterischen Verschwörungstheoretiker:innen ein. Er baute sich eine Scheinidentität im Netz auf und bewegte sich unter AfD-Politiker:innen, gewaltbereiten Neonazis, braunen friedensbewegten Esoteriker:innen, Sektierer:innen und Systemumstürzler:innen. 2018 veröffentlichte er seine Rechercheergebnisse unterfüttert mit historischen Einordnungen und politischer Analyse als Buch, welches im Juni desselben Jahres Platz fünf der Sachbuch-Bestenliste erreichte Unter dem Eindruck der Pandemieleugner:innen-Szene erschien das Buch 2021 in einer stark erweiterten Neuausgabe unter dem Titel „Die Reise ins Reich. Unter Rechtsextremisten, Reichsbürgern und anderen Verschwörungstheoretikern“ im Rowohlt Verlag. In der Bibliothek_A haben wir die 2. Auflage aus dem Dezember 2022. Am 13.10.2023 kommt der Schriftsteller, Theaterregisseur und Journalist übrigens nach Bad Aibling und liest aus seinem Werk .

Lange Zeit hielt man die sogenannten Reichsbürger:innen für seltsame, aber eher harmlose Spinner:innen und Sektierer:innen, für gescheiterte Existenzen mit Fantasieausweisen, die sich vor Bußgeldern und Steuerpflicht drücken wollen. Obwohl das auf einzelne Protagonist:innen der Szene zutreffen mag, reicht das Milieu sehr viel weiter und stellt eine immense Gefahr dar – wie der Polizistenmord in Georgensgmünd 2016 und die Ende 2022 vereitelten Umsturzpläne der Reichsbürger-Gruppe „Patriotische Union“ erneut verdeutlichten. Laut Sicherheitsbehörden waren 2022 in Bayern die meisten der „extremistisch motivieren Gewalttaten“ dem Spektrum der Reichsbürger:innen zuzuordnen. 2022 gab es in Bayern insgesamt 699 (Vorjahr: 425) extremistische Straftaten von Reichsbürger:innen, darunter 197 Gewaltdelikte (Vorjahr: 122). Lokal sei z.B. an die Razzia in Tuntenhausen bzgl. des Waffenhandels in der Reichsbürger:innen- und Rechtsextremist:innen-Szene (u.a. AfD) erinnert (vgl. u.a. https://www.akweb.de/politik/waffenlieferungen-an-die-afd/). Erst vor wenigen Wochen trat ebenfalls in Tuntenhausen Markus Krall auf , jener „Finanzexperte“, welchen die mutmaßliche Terrorgruppe „Patriotische Union“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Patriotische_Union) um Heinrich XIII. Prinz Reuß nach dem geplanten Putsch als Wirtschafts- und Finanzminister vorgesehen hatte .

Die Region Rosenheim ist zwar kein Thema in dem Buch von Ginsburg, aber die Strukturen, Rädelsführer:innen und Vordenker:innen, welche Ginsburg trifft, wirken auch hier in Oberbayern – genauso wie der ideologische Kern der Bewegung. Der Autor macht mit dem Buch klar, dass zu dem Weltbild nicht nur die Ablehnung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Staatsorgane gehört, sondern auch Antisemitismus, faschistischer Verschwörungswahn und die Verachtung der Demokratie. Und manche der beschriebenen Szenen sind auch räumlich ganz nah, z.B. wenn der Autor die Auftritte von Jürgen Elsässer (S. 207ff.) oder dem AfD Politiker Peter Boehringer (S.211 f.) in Garmisch-Partenkirchen beschreibt.

Das Buch könnt ihr in der Bibliothek_A ausleihen, aber seit Juni diesen Jahres auch kostengünstig bei der Bundeszentrale für politische Bildung beziehen. Wer den Autor persönlich erleben will, sollte am 13.10.2023 um 19:30 Uhr in das BRK Jugendzentrum nach Bad Aibling kommen (Eintritt: 15 €). Da die Teilnehmer:innenzahl begrenzt ist, ist eine Anmeldungen unter 0179-7325938 (Mailbox) oder info@muttutgut.org erforderlich.

Medium des Monats: Kohei Saito

Stürme, Waldbrände und Flutkatastrophen, die Klimakrise ist real und allgegenwärtig, der Kampf für eine klimagerechte Zukunft wahrscheinlich so akut wie nie. Diesen September gibt es gleich mehrere Möglichkeiten für Klimaschutz auf die Straße zu gehen. Vom 5. bis 10. September trifft sich die Autolobby zu einer großen Greenwashing-Veranstaltung in München, verschiedene Klimaaktivist*innen und antikapitalistische Gruppen rufen zu Protesten dagegen auf! Es wird ab Dienstag ein Klimacamp mit vielen spannenden Vorträgen im Luitpoldpark geben. Weitere Infos zu geplanten Aktionen findet ihr bei noFuture IAA, Smash IAA oder dem #BlockIAA Bündnis. 

Am 15.09. ruft Fridays for Future zum globalen Klimastreik auf, auch in Rosenheim wird es dazu am Freitag den 15.09 um 14:00 Uhr am Salingarten eine Demonstration geben. 

Passend zu den vielfältigen Klimaprotesten diesen Monat haben wir uns als Medium des Monats das im August erschienene Buch „Systemsturz – Der Sieg der Natur über den Kapitalismus“, des japanischen Autors Kohei Saito ausgesucht. Das Buch des japanischen Marxisten wurde in Japan über 500.000 Mal verkauft, jetzt wurde es von Gregor Wakounig ins Deutsche übersetzt und ist nicht nur unser Medium des Monats, sondern auch bei der Süddeutschen in der Liste der Bücher des Monats: https://www.sueddeutsche.de/kultur/buecher-des-monats-vowinckel-whitehead-1.6171371

In seinem Buch stellt Saito einen klaren Zusammenhang zwischen der Klimakatastrophe und dem Wirtschaftswachstum dar. Das Buch plädiert für einen klaren Bruch mit dem aktuellen kapitalistischen Wirtschaftssystem, denn „Sollten wir weiter versuchen, den Kapitalismus am Leben zu erhalten, sind wir angesichts des Chaos, dass die Klimakrise mit sich bringt, zum Rückfall in die Barbarei verdammt.“ Es wird uns kein Greenwashing der Konzerne, kein „Green New Deal“ der EU-Staaten und auch kein technischer Fortschritt vor der kommenden Katastrophe bewahren. Sie alle reduzieren den Ausstoß von Treibhausgasen nicht annähernd schnell genug, und versuchen sie es doch, dann auf Kosten des globalen Südens und ärmerer Menschen!

Die einzige Möglichkeit, die Saito sieht, den Planeten noch zu retten ist der  „Degrowth-Kommunismus“. Was Saito damit meint, ist ein Wandel unserer Gesellschaft hin zu einer Gebrauchswirtschaft, die Demokratisierung von Produktionsprozessen und eine Verkürzung der Arbeitszeiten bedeutet. 
Für eine Klimabewegung, die immer häufiger den Schritt zur Systemkritik wagt und sich nicht weiter mit den Lügen des grünen Kapitalismus abspeisen lässt, stellt das Buch von Saito eine wertvolle Diskussionsgrundlage dar. 

Septemberausstellung: Anastasia – eine rechte Siedlungsbewegung 

Die Anastasia Austellung im Z-Linkes Zentrum in Selbstverwaltung wird verlängert! An allen Dienstagen im September könnt ihr von 15:00 bis 19:00 Uhr die Austellung im Z ( Innstr. 45a, 83022 Rosenheim) besichtigen.  Auf fünf Plakaten wird die „Anastasia“-Buchreihe kritisch analysiert und ein Überblick über die Anastasia-Bewegung in Deutschland gegeben. Über QR-Codes ist es möglich, zusätzliches Material wie Videos oder Literatur einzusehen.

Was verbirgt sich hinter der Anastasia-Bewegung und wo hat sie ihren Ursprung? Basierend auf der Anastasia-Buchreihe des Autors Wladimir Megre kam die Bewegung von Russland nach Deutschland. In der Öffentlichkeit präsentiert sich die Anastasia-Bewegung als eine esoterische, naturverbundene und selbstversorgende Ökogemeinschaft. Doch in der Romanreihe, auf die sich die Bewegung bezieht, sind rassistische, antisemitische und verschwörungstheoretische Inhalte zu finden. Darüber hinaus bestehen in Deutschland Verbindungen zur rechten Szene sowie zur Reichsbürgerszene, so dass die Bewegung dem rechtsesoterischen Spektrum zuzuordnen ist.

In der Ausstellung wird nach der Einleitung auf einer Tafel die Anastasia-Buchreihe und der Autor vorgestellt und dann werden die Buchinhalte kritisch analysiert. Ein weiteres Plakat gibt einen Überblick über die Anastasia-Bewegung in Deutschland und deren Projekte. Auf der Tafel „Die Schetinin-Schule“ werden sowohl das Konzept, das Netzwerk (u.a. Ricardo Leppe, ISKA Akademie) wie auch die darauf basierenden Schulgründungsversuche thematisiert. Diese Station ist besonders für die Region Rosenheim interessant, da das dargestellte Konzept auch für die behördlich geschlossene Querdenkerschule bei Schechen zentral war. Der Abschluss der Ausstellung ist ein Fazit aus pädagogischer Perspektive. Darin heißt es: Eine „(…)kritische Auseinandersetzung mit dem in der Ausstellung dargelegten Thema ist notwendig, um die Hintergründe erfassen und einordnen zu können. Dies ist auch bezüglich der Entwicklungen von neuen Schulkonzepten erforderlich, um Gründungen, die auf höchst problematischen Ideologien aufbauen, entgegenzutreten und sie gar zu vermeiden“.

Die Ausstellung wurde 2022 von Studierenden der Hochschule Esslingen im Rahmen des Projektes „Esoterik und Soziale Arbeit“ von Prof. Claudia Barth1 erarbeitet. Die Landeskoordinierungsstelle Demokratie leben! Bayern gegen Rechtsextremismus2 und die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern haben die Ausstellung drucken lassen und stellen sie der Zivilgesellschaft zur Verfügung. Die lokale Ausstellungsorganisation in Rosenheim wurde von der Bibliothek_A  umgesetzt. Die Öffnungszeiten sind jeweils Dienstags von 15:00 bis 19:00 Uhr und bei Veranstaltungen im Z – linkes Zentrum in Selbstverwaltung. Der Eintritt ist frei.

Die Ordnungszelle Bayern und die Arbeiter:innenbewegung

Historiker referiert am Donnerstag (22.06.2023) in Rosenheim über die Station vor hundert Jahren

Die Arbeiterbewegung in der Ordnungszelle Bayern“ ist der Titel eines Vortrags, den Dr. Sebastian Zehetmair am kommenden Donnerstag (22.06.2023) in Rosenheim hält. Der in Berlin lebende Historiker hatte jahrelang zur „‚Ordnungszelle Bayern‘ 1919 bis 1923“ geforscht. Im linken Zentrum in der Rosenheimer Innstraße 45a präsentiert er nun seine Ergebnisse.

Nach der Niederschlagung der Revolution von 1918/19 wurde Bayern von seiner Landesregierung zur antisozialistischen „Ordnungszelle“ des Reiches umgebaut. Zehetmair wird in seinem Vortrag den politischen Sonderweg Bayerns in der Weimarer Republik beleuchten, welcher die Arbeiter:innenbewegung mit besonderen Problemen konfrontierte und die Formen ihres Aktivismus prägte. Die politische Rechte nutzte das Land als Operationsbasis für ihre Subversion gegen die Republik. Auch der Nationalsozialismus bekämpfte die Organisationen der Arbeiterbewegung hier schon wesentlich früher als in anderen Teilen des Reiches. Das Regime der »Ordnungszelle« Bayern schränkte zugleich die Handlungsspielräume der Arbeiterparteien mit Hilfe von rigiden Ausnahmegesetzen erheblich ein. Dieser Sonderweg führte Bayern im Sommer und Herbst 1923 an den Rand eines Bürgerkriegs.

In dem 2022 im Droste Verlag erschienenen Buch „Im Hinterland der Gegenrevolution“ zeichnet der Autor die Geschichte der bayerischen KPD von ihren Ursprüngen in der Revolution 1918/19 bis zum Hitler-Ludendorff-Putsch und dem gescheiterten Aufstand der KPD im Spätherbst 1923 nach. Er untersucht die Politik der KPD sowohl im Kontext der in Bayern herrschenden Verhältnisse als auch in ihren Beziehungen zu den anderen Parteiorganisationen im Reich. In dem Vortrag in Rosenheim wird der Historiker schwerpunktmäßig die politische Situation in Bayern thematisieren, welche dazu führte, dass 1923 extreme Rechte das Gewerkschaftshaus in Rosenheim stürmten und den Sozialdemokraten Georg Ott ermordeten.

Die Buchvorstellung wird von der Bibliothek_A in Kooperation mit der Geschichtswerkstatt und dem Kurt-Eisner-Verein / Rosa Luxemburg Stiftung Bayern im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Antifaschismus bleibt notwendig“ organisiert. Die Veranstaltung beginnt um 19:30 Uhr, der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt es im Internet unter: https://antifaschismusbleibtnotwendig.rosenheim.social/

Ausstellung: Anastasia – eine rechte Siedlungsbewegung

Eine Ausstellung zu der rechtsesoterischen Anastasia-Bewegung ist noch bis Ende Juli im linken Zentrum (Innstr. 45a, 83022 Rosenheim) zu sehen. Auf fünf Plakaten wird die „Anastasia“-Buchreihe kritisch analysiert und ein Überblick über die Anastasia-Bewegung in Deutschland gegeben. Über QR-Codes ist es möglich, zusätzliches Material wie Videos oder Literatur einzusehen.

Was verbirgt sich hinter der Anastasia-Bewegung und wo hat sie ihren Ursprung? Basierend auf der Anastasia-Buchreihe des Autors Wladimir Megre kam die Bewegung von Russland nach Deutschland. In der Öffentlichkeit präsentiert sich die Anastasia-Bewegung als eine esoterische, naturverbundene und selbstversorgende Ökogemeinschaft. Doch in der Romanreihe, auf die sich die Bewegung bezieht, sind rassistische, antisemitische und verschwörungstheoretische Inhalte zu finden. Darüber hinaus bestehen in Deutschland Verbindungen zur rechten Szene sowie zur Reichsbürgerszene, so dass die Bewegung dem rechtsesoterischen Spektrum zuzuordnen ist.

In der Ausstellung wird nach der Einleitung auf einer Tafel die Anastasia-Buchreihe und der Autor vorgestellt und dann werden die Buchinhalte kritisch analysiert. Ein weiteres Plakat gibt einen Überblick über die Anastasia-Bewegung in Deutschland und deren Projekte. Auf der Tafel „Die Schetinin-Schule“ werden sowohl das Konzept, das Netzwerk (u.a. Ricardo Leppe, ISKA Akademie) wie auch die darauf basierenden Schulgründungsversuche thematisiert. Diese Station ist besonders für die Region Rosenheim interessant, da das dargestellte Konzept auch für die behördlich geschlossene Querdenkerschule bei Schechen zentral war. Der Abschluss der Ausstellung ist ein Fazit aus pädagogischer Perspektive. Darin heißt es: Eine „(…)kritische Auseinandersetzung mit dem in der Ausstellung dargelegten Thema ist notwendig, um die Hintergründe erfassen und einordnen zu können. Dies ist auch bezüglich der Entwicklungen von neuen Schulkonzepten erforderlich, um Gründungen, die auf höchst problematischen Ideologien aufbauen, entgegenzutreten und sie gar zu vermeiden“.

Die Ausstellung wurde 2022 von Studierenden der Hochschule Esslingen im Rahmen des Projektes „Esoterik und Soziale Arbeit“ von Prof. Claudia Barth1 erarbeitet. Die Landeskoordinierungsstelle Demokratie leben! Bayern gegen Rechtsextremismus2 und die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern haben die Ausstellung drucken lassen und stellen sie der Zivilgesellschaft zur Verfügung. Die lokale Ausstellungsorganisation in Rosenheim wurde von der Bibliothek_A im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Antifaschismus bleibt notwendig“ umgesetzt. Die Öffnungszeiten sind jeweils Dienstags von 18:00 bis 19:30 Uhr und bei Veranstaltungen im Z – linkes Zentrum in Selbstverwaltung. Der Eintritt ist frei.

Die nächsten geplanten Veranstaltungen sind:

  • Do, 22.06. | 19:30 Uhr | Vortrag: Im Hinterland der Gegenrevolution: Die Arbeiterbewegung in der Ordnungszelle Bayern, Referent Dr. Sebastian Zehetmair, organisiert von der Geschichtswerkstatt Rosenheim
  • Di, 27.06. | 19:30 Uhr | Vortrag: Die AfD und die soziale Frage, Referent: Stephan Lindner, organisiert von attac Rosenheim
  • So, 02.07 | 19:00 Uhr | Film: Das Leben des Carlos Fernando, organisiert von OAPR
  • Di, 11.07. | 19:00 Uhr | Vortrag: Die Rosenheimer Ortsgruppe der KPD 1919–1933, Referent: Andreas Salomon, organisiert von: Initiative Erinnerungskultur – Stolpersteine für Rosenheim
  • Mi, 12.07. | 19:00 Uhr | Vortrag: Biografien Rosenheimer Kommunisten, die in das KZ Dachau eingeliefert wurden, Referent: Andreas Salomon, organisiert von: Initiative Erinnerungskultur – Stolpersteine für Rosenheim
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Arbeiter:innenbewegung versus Rechtsdiktatur – Die Ordnungszelle Bayern vor hundert Jahren

Unser Medium des Monats im Juni ist eine Doktorarbeit: Das 2022 im Droste Verlag erschienene 505 Seiten dicke Buch „Im Hinterland der Gegenrevolution. Die kommunistische Bewegung in der ‚Ordnungszelle Bayern‘ 1919 bis 1923“ basiert nämlich auf der 2018 verteidigten Dissertation des Historikers Sebastian Zehetmair. Dieser kommt am Donnerstag, den 22.06.2023 nach Rosenheim und stellt im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Antifaschismus bleibt notwendig“ seine Forschung vor.

Der Autor zeichnet in dem Buch die Geschichte der bayerischen KPD von ihren Ursprüngen 1 in2 und nach3 der Revolution 1918/19 bis in den Spätherbst 1923 nach. Er untersucht „Die Anfänge der Einheitsfront und Arbeiterbewegung in Bayern 1921 und1922“4 und widmet der „Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus“ ein eigenes Kapitel5. Schwerpunkt im sechsten und letzten Kapitel ist dann der Krisenherbst 1923. Zehetmair betrachtet die Politik der KPD sowohl im Kontext der in Bayern herrschenden Verhältnisse als auch in ihren Beziehungen zu den anderen Parteiorganisationen im Reich.

Hauptgegenstand der detailreichen Untersuchungen von Zehetmair ist die kommunistische Bewegung in Bayern von 1919 bis 1923. Da die Arbeit von einer „relativen ideologischen Heterogenität“ (S. 33, im Gegensatz zu einer ideologiezentrierten Form) der Bewegung ausgeht und kontinuierlich auch die gewerkschaftliche und sozialdemokratische Bewegung (USPD & MSPD) im Blick hat, leistet sie auch einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der bayerischen Arbeiter:innenbewegung. Gerade im Hinblick auf einen Stadt-Land-Unterschied („punktuelle Industrialisierung“) zeigen sich hier einige Besonderheiten. Auch aus lokalgeschichtlicher Perspektive finden sich in der Veröffentlichung interessante Fakten (z.B. der Antifaschisten Tag 1923 in Rosenheim6).

Die bisher wenig thematisierte Rechtsdiktatur der antisozialistischen „Ordnungszelle Bayern“ ist zentral für die Studie. Dieser Sonderweg Bayerns zeigt sich nach dem rechten Kapp-Putsch (13.03.1920), welcher u.a. durch einen Generalstreik der Arbeiter:innen scheiterte, in einem sogenannten kalten Putsch. Ministerpräsident Hoffmann wurde unter militärischer Drohung zum Rücktritt gezwungen und der monarchistisch gesinnte oberbayerische Regierungspräsident Gustav Ritter von Kahr erhielt mit der Unterstützung rechter Führer von Freikorps und Einwohnerwehren diktatorische Vollmachten (Versammlungsverbote, Pressezensur, Verbot von Presseorganen und Schutzhaft). Die politische Rechte nutzte Bayern in der Folge als Operationsbasis für ihre Subversion gegen die Weimarer Republik. Die Untersuchung zeigt auch, wie der Historiker Ralf Hoffrogge in seiner Buchrezension schreibt, „der historische Faschismus hat sich nicht plötzlich an die Macht geputscht, sondern faulte hinter einer Fassade von Rechtsstaat und Parlamentarismus langsam heran. Während jeder Putschplan der NSDAP scheiterte, war ihre in Bayern erprobte Kombination aus Straßengewalt gegen Linke und Legalismus im Parlament überaus erfolgreich. Ihren Schein von Legalität erhielt die Partei nicht erst mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler 1933 – sie hatte diesen Schein zuvor zehn Jahre lang poliert.7

Nicht zuletzt ist die historische Perspektive auch für die heutige Auseinandersetzung mit der extremen Rechten in mehrerlei Hinsicht gewinnbringend. Die Darstellung der Zerstrittenheit der historischen Arbeiter:innenbewegung nämlich zeigt Fehler auf, die, wenn man einen Rechtsrutsch verhindern will, nicht noch einmal gemacht werden dürfen. Die fatale Gleichsetzung von „Kommunisten und Faszisten“ stütze nicht die Demokratie, sondern schwächte die Gegner der Faschisten. Manche aktuelle Distanzierung würde evtl. ausbleiben, hätte man die Studie gelesen und würde entsprechende Schlüsse ziehen. Aus diesem Grund ist das Buch nicht nur historisch Interessierten, sondern allen heute im Kampf gegen rechts Aktiven, zu empfehlen. Wer sich das Buch nicht leisten kann (68 €), kann es gerne auch in der Bibliothek_A lesen. Aktuell findet ihr es auf dem Buch des Monats Ständer, ab Juli kann es dann ausgeliehen werden.

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Kurt Tucholsky: Deutschland, Deutschland über alles

Vor 90 Jahren, am 07. Mai 1933 – dem „Tag der deutschen Jugend“, fand in Rosenheim eine der vier oberbayerischen Bücherverbrennungen (München, Rosenheim, Wasserburg, Landsberg) auf dem Rosenheimer Max Josefs Platz statt. Um 19.30 Uhr marschierten HJ, BDM und Jungvolk unter den Klängen der SA-Kapelle vor der Marienapotheke auf. Der NSDAP-Parteiredner Hans Cramer rief laut Lokalpresse in einer agitatorischen Rede zur Vernichtung von marxistischer Schundliteratur auf und wird mit den Worten „diese lodernden Flammen mögen auch in Euren Herzen, deutsche Jugend, ein Feuer entzünden, das alles reinigen, allen Schmutz vernichten soll“ zitiert (https://www.stadtarchiv.de/stadtgeschichte/rosenheim-im-20-jahrhundert/1930-1939/buecherverbrennung/). Welche Bücher in Rosenheim verbrannt wurden ist nicht genau bekannt. 15 Autoren wurden aber für alle Verbrennungen im Reich verbindlich gemacht, darunter Kurt Tucholskys „Deutschland, Deutschland über alles“ (1929) – unser Medium des Monats. Unter dem Feuerspruch: „gegen Frechheit und Anmaßung“ wurde es in die Flammen geworfen. (vgl. https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/B%C3%BCcherverbrennungen_(1933) )

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Terminvorschau: Lesung am Do 22.06.23

Im Hinterland der Gegenrevolution: Die Arbeiterbewegung in der Ordnungszelle Bayern

Lesung von Dr. Sebastian Zehetmair

Organisiert von: Bibliothek_A & Kurt-Eisner-Verein

Nach der Niederschlagung der Revolution von 1918/19 wurde Bayern von seiner Landesregierung zur antisozialistischen „Ordnungszelle“ des Reiches umgebaut. Der Autor und Historiker beleuchtet den politischen Sonderweg Bayerns in der Weimarer Republik, der die Arbeiter:innenbewegung mit besonderen Problemen konfrontierte und die Formen ihres Aktivismus prägte. Dieser Sonderweg führte Bayern im Sommer und Herbst 1923 an den Rand eines Bürgerkriegs.

Eine Veranstaltung der Bibliothek_A in Kooperation mit dem Kurt-Eisner-Verein / Rosa Luxemburg Stiftung Bayern im Rahmen der Veranstaltungsreihe Antifaschismus bleibt notwendig → https://antifaschismusbleibtnotwendig.rosenheim.social/

Für alle Veranstaltung gilt die Ausschlussklausel §6 Versammlungsgesetz: Laut §6 Versammlungsgesetz sind Rechte, Neonazis, deren SympathisantInnen sowie Personen, die in der Vergangenheit durch rassistische, antisemitische, sexistische oder nationalistische Äußerungen aufgefallen sind, von der Veranstaltung ausgeschlossen.