Medien des Monats März: Themenfeld Anti-Choice-Bewegun

Gestern war der Internationale Frauenkampftag (Infos zur Geschichte) und in rund einem Monat (am 13.4.2024) wollen radikale Abtreibungsgegner*innen mit einem „Marsch fürs Leben“ durch München ziehen. Der Marsch ist eines der größten Events dieser Szene und ein relevanter Ort rechter Vernetzung (Infos zu den Gegenprotesten).

Diese beiden Ereignisse waren der Grund, dass unsere profeministische März-Medienempfehlung eine kritische Auseinandersetzung mit der Anti-Choice-Bewegung ist. In diesem Monat gibt es nicht nur ein Medium das Monats sondern ausnahmsweise empfehlen wir sogar drei Medien: Eine Broschüre, einen Podcast und eine Doku:

A) „Fundis lol* eine Broschüre über die Ideologie, Methoden und AkteurInnen der Anti-Choice-Bewegung

Vorweg: Am kommen den Mittwoch (13.03.24) kommen Autor:innen der Broschüre (von den Verfasserinnen „Zine“ genannt) nach Rosenheim und stellen die Inhalte vor. Die von uns organisierte Veranstaltung, Lesung & Vortrag „Fundis, AbtreibungsgegnerInnen und der Marsch fürs Leben“ beginnt um 19:00 Uhr im Z Linken Zentrum (Innstr. 45a), der Eintritt ist frei.

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Medium des Monats Februar: „Versöhnungstheater“

Am Donnerstag (01.02.) liest der Berliner Autor Max Czollek in Bad Aibling aus seinem viel diskutierten Essay „Versöhnungstheater. Aus diesem Grund haben wir das 2023 im Hanser Verlag erschienene Buch zu unserem Medium des Monats gewählt. Die Lesung im Rahmen der Max-Mannheimer-Kulturtage 2024 beginnt um 19:30 Uhr in der „Galerie Altes Feuerwehrgerätehaus“ (Irlachstr. 5). Es ist ratsam, vorab Karten (Eintritt 12,- EUR ) unter info@muttutgut.org zu reservieren.

In Kürze gibt es hier eine Buchrezession zu lesen, vorab schon einmal die Verlagsankündigung:

Eine kritische Analyse der deutschen Erinnerungskultur: Klug und polemisch seziert Bestsellerautor Max Czollek den Wandel im deutschen Selbstverständnis.

Max Czolleks legendäre Bücher „Desintegriert euch!“ und „Gegenwartsbewältigung“ streuten lustvoll Zweifel an den deutschen Narrativen von Integration bis Leitkultur. Scharf, gewitzt und an jeder Stelle überraschend, schließt Versöhnungstheater diesen Kreis, wenn es nach der aktuellen Erinnerung an die Verbrechen der Vergangenheit fragt. Seit weltweit bewunderten Gesten der deutschen Selbstvergewisserung vom Warschauer Kniefall bis zum Holocaust-Mahnmal hat sich in letzter Zeit einiges verändert: Das Berliner Stadtschloss feiert Preußens Könige, mit dem neuen Militärhaushalt wird eine Zeitenwende beschworen und der Bundespräsident bedankt sich auf Israelreise ungefragt für die „Versöhnung“. Deutschland ist wieder wer, auch weil es sich so mustergültig an den Holocaust erinnert. Herzlich willkommen zum Versöhnungstheater!

„Wie rechtsradikale Netzwerke die Sicherheitsbehörden unterwandern“ unser Medium des Monats Dezember

Das im November erschienene Buch „Staatsgewalt“ (ISBN: 978-3-451-39596-3 | Herder Verlag GmbH) ist unser Medium des Monats Dezember. In dem von Heike Kleffner und Matthias Meisner herausgegebenen Werk sind fast 30 Beiträge von unterschiedlichen Autor:innen zu finden, die aufzeigen wie „rechtsradikale Netzwerke die Sicherheitsbehörden unterwandern“.

Das Buch ist (unserer Meinung nach) die ideale Begleitliteratur zu dem Vortrag „Zwischen Schießstand, Bundeswehr und rechten Netzwerken: Franco A. in Bayern“ von Robert Andreasch (a.i.d.a. e.V.) am Do, den 14.12.2023 in Rosenheim (Weitere Infos: https://bibliotheka.rosenheim.social/)

„Elitesoldaten, die sich auf einen „Tag X“ vorbereiten, Polizisten, die in Chatgruppen rechtsextreme Inhalte verbreiten, JVA-Bedienstete, die politisch rechts motivierte Straftaten begehen, Justizangehörige, die mit Gewalt die Demokratie beseitigen wollen: Diese Meldungen sind zum traurigen Alltag geworden. Sie zeigen, dass es dem Rechtsstaat bisher nicht gelingt, sich wirksam gegen Reichsbürger, Rechtsradikale und Anhänger von Verschwörungstheorien zu wappnen, die nicht selten in den eigenen Institutionen zu finden sind. Stattdessen werden rechte Netzwerke weiter als „Einzelfälle“ abgetan.“ heißt es in der Verlagsankündigung. Vier Jahre nach dem Buch „Extreme Sicherheit. Rechtsradikale in Polizei, Verfassungsschutz, Bundeswehr und Justiz“ liegt damit eine neue, umfassende Bestandsaufnahme der Herausgeber:innen vor. Zahlreiche Expert:innen und Fachjournalist:innen (u. a. Stephan Anpalagan, Bahar Aslan, Kersten Augustin, Sebastian Erb, Malene Gürgen, Sebastian Leber, Nadine Lindner, Christina Schmidt , Caroline Walter, Seda Basay-Yıldız) veröffentlichen (z.T. vertieften) ihre Recherchen der letzten Jahre. „Dieses Buch vermisst auch die Reaktionen des Rechtsstaates auf eine Reihe bekannter Sachverhalte“ (S. 21) schreiben die Herausgeber:innen im Vorwort und benennen u.a. „das Netzwerk um Franco A.“ (ebd.) Warnsignale würden „allzu oft ignoriert, Strafverfahren blockiert, Disziplinarmaßnahmen verschleppt, Nachahmer ermutigt. Es sind die Dammbrüche im Alltag und die Gewöhnung daran, die den demokratischen Rechtsstaat erschüttern.“

Auch Robert Andreasch – der Referent vom 14.12.23 – ist mit einem Beitrag („Ein Panzergrenadier im Dienst der Identitären Bewegung“, S. 101 ff.) über den Bundeswehrwerdegang von Felix Springer in dem Buch vertreten. Andreasch zeigt wie die jahrelangen Aktivitäten für die extrem rechte „Identitäre Bewegung Bayern“ (u.a. Teilnahme an einer IB Demo in Freilassing) dazu führten, dass der ehemalige Bundeswehr-Offizier (heute arbeitet er für einen Rüstungskonzern im oberbayerischen Schrobenhausen) nach jahrelangem Wegsehen letztendlich doch vom Truppendienstgericht (noch nicht rechtskräftig) verurteilt wurde.

Sowohl das Buch (Leseprobe: https://media.herder.de/leseprobe/978-3-451-39596-3/index.html) als auch den Vortrag am 14.12.23 (um 19:00 Uhr im linken Zentrum) möchten wir allen wärmstens empfehlen.

Medium des Monats: Kohei Saito

Stürme, Waldbrände und Flutkatastrophen, die Klimakrise ist real und allgegenwärtig, der Kampf für eine klimagerechte Zukunft wahrscheinlich so akut wie nie. Diesen September gibt es gleich mehrere Möglichkeiten für Klimaschutz auf die Straße zu gehen. Vom 5. bis 10. September trifft sich die Autolobby zu einer großen Greenwashing-Veranstaltung in München, verschiedene Klimaaktivist*innen und antikapitalistische Gruppen rufen zu Protesten dagegen auf! Es wird ab Dienstag ein Klimacamp mit vielen spannenden Vorträgen im Luitpoldpark geben. Weitere Infos zu geplanten Aktionen findet ihr bei noFuture IAA, Smash IAA oder dem #BlockIAA Bündnis. 

Am 15.09. ruft Fridays for Future zum globalen Klimastreik auf, auch in Rosenheim wird es dazu am Freitag den 15.09 um 14:00 Uhr am Salingarten eine Demonstration geben. 

Passend zu den vielfältigen Klimaprotesten diesen Monat haben wir uns als Medium des Monats das im August erschienene Buch „Systemsturz – Der Sieg der Natur über den Kapitalismus“, des japanischen Autors Kohei Saito ausgesucht. Das Buch des japanischen Marxisten wurde in Japan über 500.000 Mal verkauft, jetzt wurde es von Gregor Wakounig ins Deutsche übersetzt und ist nicht nur unser Medium des Monats, sondern auch bei der Süddeutschen in der Liste der Bücher des Monats: https://www.sueddeutsche.de/kultur/buecher-des-monats-vowinckel-whitehead-1.6171371

In seinem Buch stellt Saito einen klaren Zusammenhang zwischen der Klimakatastrophe und dem Wirtschaftswachstum dar. Das Buch plädiert für einen klaren Bruch mit dem aktuellen kapitalistischen Wirtschaftssystem, denn „Sollten wir weiter versuchen, den Kapitalismus am Leben zu erhalten, sind wir angesichts des Chaos, dass die Klimakrise mit sich bringt, zum Rückfall in die Barbarei verdammt.“ Es wird uns kein Greenwashing der Konzerne, kein „Green New Deal“ der EU-Staaten und auch kein technischer Fortschritt vor der kommenden Katastrophe bewahren. Sie alle reduzieren den Ausstoß von Treibhausgasen nicht annähernd schnell genug, und versuchen sie es doch, dann auf Kosten des globalen Südens und ärmerer Menschen!

Die einzige Möglichkeit, die Saito sieht, den Planeten noch zu retten ist der  „Degrowth-Kommunismus“. Was Saito damit meint, ist ein Wandel unserer Gesellschaft hin zu einer Gebrauchswirtschaft, die Demokratisierung von Produktionsprozessen und eine Verkürzung der Arbeitszeiten bedeutet. 
Für eine Klimabewegung, die immer häufiger den Schritt zur Systemkritik wagt und sich nicht weiter mit den Lügen des grünen Kapitalismus abspeisen lässt, stellt das Buch von Saito eine wertvolle Diskussionsgrundlage dar. 

Arbeiter:innenbewegung versus Rechtsdiktatur – Die Ordnungszelle Bayern vor hundert Jahren

Unser Medium des Monats im Juni ist eine Doktorarbeit: Das 2022 im Droste Verlag erschienene 505 Seiten dicke Buch „Im Hinterland der Gegenrevolution. Die kommunistische Bewegung in der ‚Ordnungszelle Bayern‘ 1919 bis 1923“ basiert nämlich auf der 2018 verteidigten Dissertation des Historikers Sebastian Zehetmair. Dieser kommt am Donnerstag, den 22.06.2023 nach Rosenheim und stellt im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Antifaschismus bleibt notwendig“ seine Forschung vor.

Der Autor zeichnet in dem Buch die Geschichte der bayerischen KPD von ihren Ursprüngen 1 in2 und nach3 der Revolution 1918/19 bis in den Spätherbst 1923 nach. Er untersucht „Die Anfänge der Einheitsfront und Arbeiterbewegung in Bayern 1921 und1922“4 und widmet der „Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus“ ein eigenes Kapitel5. Schwerpunkt im sechsten und letzten Kapitel ist dann der Krisenherbst 1923. Zehetmair betrachtet die Politik der KPD sowohl im Kontext der in Bayern herrschenden Verhältnisse als auch in ihren Beziehungen zu den anderen Parteiorganisationen im Reich.

Hauptgegenstand der detailreichen Untersuchungen von Zehetmair ist die kommunistische Bewegung in Bayern von 1919 bis 1923. Da die Arbeit von einer „relativen ideologischen Heterogenität“ (S. 33, im Gegensatz zu einer ideologiezentrierten Form) der Bewegung ausgeht und kontinuierlich auch die gewerkschaftliche und sozialdemokratische Bewegung (USPD & MSPD) im Blick hat, leistet sie auch einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der bayerischen Arbeiter:innenbewegung. Gerade im Hinblick auf einen Stadt-Land-Unterschied („punktuelle Industrialisierung“) zeigen sich hier einige Besonderheiten. Auch aus lokalgeschichtlicher Perspektive finden sich in der Veröffentlichung interessante Fakten (z.B. der Antifaschisten Tag 1923 in Rosenheim6).

Die bisher wenig thematisierte Rechtsdiktatur der antisozialistischen „Ordnungszelle Bayern“ ist zentral für die Studie. Dieser Sonderweg Bayerns zeigt sich nach dem rechten Kapp-Putsch (13.03.1920), welcher u.a. durch einen Generalstreik der Arbeiter:innen scheiterte, in einem sogenannten kalten Putsch. Ministerpräsident Hoffmann wurde unter militärischer Drohung zum Rücktritt gezwungen und der monarchistisch gesinnte oberbayerische Regierungspräsident Gustav Ritter von Kahr erhielt mit der Unterstützung rechter Führer von Freikorps und Einwohnerwehren diktatorische Vollmachten (Versammlungsverbote, Pressezensur, Verbot von Presseorganen und Schutzhaft). Die politische Rechte nutzte Bayern in der Folge als Operationsbasis für ihre Subversion gegen die Weimarer Republik. Die Untersuchung zeigt auch, wie der Historiker Ralf Hoffrogge in seiner Buchrezension schreibt, „der historische Faschismus hat sich nicht plötzlich an die Macht geputscht, sondern faulte hinter einer Fassade von Rechtsstaat und Parlamentarismus langsam heran. Während jeder Putschplan der NSDAP scheiterte, war ihre in Bayern erprobte Kombination aus Straßengewalt gegen Linke und Legalismus im Parlament überaus erfolgreich. Ihren Schein von Legalität erhielt die Partei nicht erst mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler 1933 – sie hatte diesen Schein zuvor zehn Jahre lang poliert.7

Nicht zuletzt ist die historische Perspektive auch für die heutige Auseinandersetzung mit der extremen Rechten in mehrerlei Hinsicht gewinnbringend. Die Darstellung der Zerstrittenheit der historischen Arbeiter:innenbewegung nämlich zeigt Fehler auf, die, wenn man einen Rechtsrutsch verhindern will, nicht noch einmal gemacht werden dürfen. Die fatale Gleichsetzung von „Kommunisten und Faszisten“ stütze nicht die Demokratie, sondern schwächte die Gegner der Faschisten. Manche aktuelle Distanzierung würde evtl. ausbleiben, hätte man die Studie gelesen und würde entsprechende Schlüsse ziehen. Aus diesem Grund ist das Buch nicht nur historisch Interessierten, sondern allen heute im Kampf gegen rechts Aktiven, zu empfehlen. Wer sich das Buch nicht leisten kann (68 €), kann es gerne auch in der Bibliothek_A lesen. Aktuell findet ihr es auf dem Buch des Monats Ständer, ab Juli kann es dann ausgeliehen werden.

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Kurt Tucholsky: Deutschland, Deutschland über alles

Vor 90 Jahren, am 07. Mai 1933 – dem „Tag der deutschen Jugend“, fand in Rosenheim eine der vier oberbayerischen Bücherverbrennungen (München, Rosenheim, Wasserburg, Landsberg) auf dem Rosenheimer Max Josefs Platz statt. Um 19.30 Uhr marschierten HJ, BDM und Jungvolk unter den Klängen der SA-Kapelle vor der Marienapotheke auf. Der NSDAP-Parteiredner Hans Cramer rief laut Lokalpresse in einer agitatorischen Rede zur Vernichtung von marxistischer Schundliteratur auf und wird mit den Worten „diese lodernden Flammen mögen auch in Euren Herzen, deutsche Jugend, ein Feuer entzünden, das alles reinigen, allen Schmutz vernichten soll“ zitiert (https://www.stadtarchiv.de/stadtgeschichte/rosenheim-im-20-jahrhundert/1930-1939/buecherverbrennung/). Welche Bücher in Rosenheim verbrannt wurden ist nicht genau bekannt. 15 Autoren wurden aber für alle Verbrennungen im Reich verbindlich gemacht, darunter Kurt Tucholskys „Deutschland, Deutschland über alles“ (1929) – unser Medium des Monats. Unter dem Feuerspruch: „gegen Frechheit und Anmaßung“ wurde es in die Flammen geworfen. (vgl. https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/B%C3%BCcherverbrennungen_(1933) )

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Medium des Monats: Arbeiterwiderstand in Südbayern

Unser Medium des Monats November/Dezember ist das im August erschienene Büchlein „Skizzen – Arbeiterwiderstand in Südbayern“ von Max Brym. Der Autor wird am Sonntag, den 04.12.22 im Rahmen der Filmvorführung von „Das rote Burghausen – Widerstand gegen das dritte Reich“3 im Rosenheimer linken Zentrum (Innstr. 45a) referieren.

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Unser Medium des Monats Oktober: Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß

Am Sa, 22.10.22 (18:00 Uhr) kommt Manja Präkels nach Rosenheim und liest aus ihrem mehrfach ausgezeichneten1 Buch „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“. Dieses Buch ist auch unser Medium des Monats Oktober. Präkels beschreibt in ihrem im Verbrecher Verlag erschienen Debütroman das Ende der DDR und den Aufstieg rechter Gruppen in Brandenburg.

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