Ab 28. September wird in der Theaterinsel die Farce „Bezahlt wird nicht!“ von Dario Fo (*1926, †2016, 1997 Nobelpreis für Literatur) aufgeführt. Das 1974 verfasste Theaterstück ist bei uns als Buch (Rotbücher, Nr.18, 1997) vorhanden. Wir machen das Theaterstück, in dem Frauen zivilen Ungehorsam als Strategie gegen Preissteigerung nutzen, zu unserem Medium des Monats September.
Die Komödie spielt im Mailand der 1970er Jahre. Hautfigur ist die resolute, schlagfertige Antonia, welche mit dem kommunistischen Arbeiter Giovanni verheiratet ist. Die Mieten und die Energiekosten sind gestiegen, jetzt werden auch noch die Preise im Supermarkt teurer. Kundinnen (wie Antonia und ihre beste Freundin Margherita) plündern kurzerhand den Lebensmittelladen. Die Frauen müssen die erbeuten Lebensmittel nicht nur vor ihren eigenen gesetzestreuen Ehemännern verstecken. Durch Notlügen (erfundenen Schwangerschaften ) und haarsträubende Versteckspiele kommt es zu zahlreichen absurden Situationen, die in einem scheintoten Carabinieri im Schrank gipfeln.
Dario Fo setzt diverse Mittel des Komödiantischen ein, um soziale Missstände ( im Laufe des Stückes stellen Behörden Strom und Gas ab, Wohnungen werden wegen Mietschulden geräumt) anzuprangern. Mit beißendem Witz zeichnet er ein im Kern kritisches Gesellschaftsbild. Hier beispielhaft ein Dialogszene (S. 24) zwischen dem Kommunisten Giovanni und einem Polizisten bei der Hausdurchsuchung:
GIOVANNI Gut, schon recht… einverstanden… die Partei sagt ja auch, ihr wärt Söhne des Volkes, genau wie wir Arbeiter…
WACHTMEISTER: Was heißt Söhne des Volkes… Knechte sind wir… Handlanger der herrschenden Klassen, die Büttel der Bosse wir sind diejenigen, die über die Einhaltung ihrer Gesetze wachen müssen, ihre Intrigen beschützen die Bomben, die sie werfen lassen!
Das Büchlein beginnt mit einer in der Wir-Form geschriebenen Einleitung des Autors, in der er die Entstehung des Stückes beschreibt (S. 8):
„Sie werden bemerkt haben, daß ich beim Sprechen immer wieder „wir“ sagte, „wir haben uns gedacht“, „wir haben die und die Entscheidung getroffen“. Nun gut, in Wirklichkeit habe ich den Text niedergeschrieben und alleine zu verantworten, aber von der Lektüre des ersten Entwurfes bis zur Erstaufführung wurde der Text wieder und wieder diskutiert, nicht nur mit dem Kollektiv, sondern auch und vor allen Dingen mit Arbeitern und Avantgarden verschiedener Mailänder Fabriken, die in großer Zahl an diesen Versammlungen zur Erarbeitung des Textes teilgenommen haben. Später haben wir dank der Diskussionen am Ende jeder Aufführung festgestellt, daß der Text noch Löcher hatte und daß bestimmte Szenen anders verlaufen mußten. Diese wirklich konstruktiven Kritiken von Genossen haben uns dazu gebracht, den gesamten Schluß zu ändern und neu zu schreiben. Das ist unserer Ansicht nach die korrekte Weise, im Kollektiv Theater zu machen.
Neben der Einleitung und dem Theaterstück (zwei Akte) findet sich am Ende des Buchs auch ein Text (einer Nachbemerkung) von Helga Jungblut und Peter O. Chotjewitz, welche den Leser:innen „Dario Fo und sein Theater“ näher bringt und u.a. seine Arbeit in der Theaterkooperative „Nuova Scena“ beleuchtet (S. 87):
„Wenn die These von Marx stimmt, daß in jeder Gesellschaft die herrschende Kultur die Trägerin der Werte der herrschenden Klassen ist, so scheint uns auch die These von Lenin und Gramsci zu stimmen, daß die Arbeiterklasse die Macht nur erringen und bewahren kann, wenn sie sich aller Instrumente nicht nur der Produktion, sondern auch der kulturellen Bildung und Information – bemächtigt.“
Das Buch findet Ihr derzeit auf unserem „Medium das Monats“- Ständer und anschließend wieder unter „bel – linke Belletristik“. Das Theaterstück ist ab dem 28.09.2024 (20 Uhr) in der Theaterinsel zu sehen. Wir sind gespannt auf die Inszenierung.
Weitere Vorstellungen:
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